Die dunkle Seite des Elektroradfahrens: illegales Tuning. Was einst die frisierten Mofas waren, sind nun die getunten Elektroräder, die auf deutschen Straßen unterwegs sind. Doch diese Praxis hat ernsthafte Konsequenzen, nicht nur rechtlich, sondern auch in Bezug auf die Sicherheit. Der pressedienst-fahrrad untersucht, wie Antriebshersteller gegen illegales Tuning bei Elektrorädern vorgehen und welche Maßnahmen sie ergreifen, um dieses Problem zu bekämpfen.
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Alarmierende Zahlen: Schätzungen zeigen, dass 5-10% der Pedelecs in Deutschland getunt sind
Die Geschwindigkeitsbegrenzung von 25 km/h bei Pedelecs stellt für manche E-Biker eine Herausforderung dar, da sie gerne mit höherer Geschwindigkeit unterwegs wären. Im Internet gibt es zahlreiche Tuning-Möglichkeiten, um die Motorunterstützung von Pedelecs auf bis zu 70 km/h zu steigern. YouTube-Videos zeigen, wie einfach es sein kann, die Räder zu manipulieren und diese höheren Geschwindigkeiten zu erreichen. Insbesondere junge Menschen interessieren sich zunehmend für diese Tuning-Szene, was jedoch auch zu illegalen Aktivitäten wie Straßenrennen führen kann. Unterschiedlichen Schätzungen zufolge sollen in Deutschland bereits fünf bis zehn Prozent der Pedelecs getunt sein, wie sowohl Polizei als auch E-Bike-Experten berichten.
Rechtswidriges Handeln: Tuningmaßnahmen als Verletzung des Gesetzes
Die Tücken des E-Bike-Tunings: Was zunächst nach einer spaßigen Modifikation klingt, kann schnell zu rechtlichen Konsequenzen führen. Laut Simon Gauer, Produktmanager bei Mivice, gibt es eine beachtliche Anzahl von Anfragen von Endverbrauchern zum Thema Tuning. Mivice geht hierbei den klaren Weg und vermeidet jegliche Grauzonen. Sobald der Motor eines Pedelecs so manipuliert wird, dass er die Geschwindigkeitsbegrenzung von 25 km/h übersteigt, verliert das Fahrzeug seine rechtliche Einordnung als Fahrrad und wird als Kleinkraftrad eingestuft.
Das getunte Fahrzeug erfordert eine Reihe von rechtlichen Anforderungen, darunter eine gültige Betriebserlaubnis und eine entsprechende Versicherung, und darf nicht länger auf Radwegen eingesetzt werden. Darüber hinaus müssen Fahrer im Besitz eines Führerscheins der Klasse AM sein und es besteht die Verpflichtung, einen Helm zu tragen. Im Falle eines Fehlens der erforderlichen Nachweise im öffentlichen Verkehr können Geldstrafen oder sogar Freiheitsstrafen sowie zivilrechtliche Konsequenzen wie die Haftung für Personenschäden bei Unfällen drohen. Matthias Rückerl, der für den Hersteller Haibike spricht, bringt deutlich zum Ausdruck, dass Tuning nicht nur verboten ist, sondern auch ein erhebliches Sicherheitsrisiko darstellt und daher zu Recht mit rechtlichen Konsequenzen verbunden ist.
Teileverschleiß nimmt bei E-Bikes durch Tuning besorgniserregend zu
Im Straßenverkehr gelten klare Vorschriften, die besagen, dass getunte E-Bikes nicht erlaubt sind. Dieser Aspekt wird auch von den Anbietern von Tuning-Kits wie Tuning-Dongles oder Chip-Tuning auf ihren Internetseiten hervorgehoben. Der Verkauf solcher Sets ist zwar legal, jedoch weisen die Anbieter unmissverständlich darauf hin, dass die Nutzung von getunten Fahrrädern ausschließlich auf Privatgelände erlaubt ist und sie nicht im öffentlichen Straßenverkehr verwendet werden dürfen. Dies liegt zum einen daran, dass die gesteigerte Leistung zu einer übermäßigen Belastung der Bauteile führen kann, was zu einem erhöhten Verschleiß und möglichen Schäden am E-Bike führt. Zum anderen dient diese Regelung dem Schutz aller Verkehrsteilnehmer, da die Sicherheit im Straßenverkehr gewährleistet werden muss.
Wenn Fahrer von E-Bikes ihre Fahrräder manipulieren, um eine höhere Geschwindigkeit zu erreichen, gehen sie erhebliche Sicherheitsrisiken ein. Die verschiedenen Komponenten, einschließlich der Bremsen, sind darauf ausgelegt, unter bestimmten Bedingungen zu funktionieren, die durch die Hersteller spezifiziert sind. Durch Manipulationen wird die Sicherheit des Fahrzeugs beeinträchtigt, was sowohl für den Fahrer als auch für andere Verkehrsteilnehmer gefährlich sein kann. Zusätzlich erlöschen durch das Tuning alle Ansprüche auf Garantie, Gewährleistung und Produkthaftung, was die Tuner finanziell haftbar machen kann.
Norm EN 15194:2017: Was E-Bike-Fahrer über Tuning wissen müssen
Die europäische Norm EN 15194:2017 trat im Jahr 2019 in Kraft, um das Tuning von Elektrofahrrädern mit motorischer Unterstützung zu vermeiden. Ein spezielles Kapitel dieser Norm widmet sich dem Thema „Verhinderung unbefugten Zugriffs auf den Motor“. Dieses Kapitel ermöglicht es den Herstellern von Antriebssystemen, bestimmte Regelungen zu implementieren, um Tuning zu unterbinden oder festzustellen, ob Manipulationen am Motor vorgenommen wurden. Zu den Vorschriften gehört unter anderem die Verwendung von Sensoren mit Plausibilitätslogiken, um Manipulationen zu erkennen.
Beim Service in einem Fachgeschäft oder direkt beim Fahrradhersteller gibt es unterschiedliche Ansätze, um Daten auszulesen oder auszuschließen. Ein interessanter Ansatz wird von Brose angeboten, bei dem über eine Schnittstelle namens CAN-Bus ein zusätzlicher Sensor angeschlossen werden kann. Mit Hilfe dieses Sensors können überhöhte Geschwindigkeiten identifiziert werden.
Im Jahr 2021 haben zahlreiche europäische Antriebshersteller Maßnahmen ergriffen, um illegales Tuning bei E-Bikes zu unterbinden. Eine Lösung, die dabei hervorsticht, stammt von Bosch, dessen Software in den Antriebssystemen integriert ist. Diese reagiert unmittelbar auf Manipulationen und zeigt dies dem E-Biker durch einen Fehlercode auf dem Display an. Gleichzeitig wird die Leistung des Antriebs automatisch heruntergeregelt. Um das System wieder freizuschalten, müssen die Betroffenen 90 Minuten im Notlaufmodus weiterfahren, was eine reduzierte Unterstützung des Antriebs bedeutet. Erst nach Ablauf dieser Zeit wird die volle Antriebskraft wieder aktiviert.
Falls eine Manipulation zweimal festgestellt wird, bleibt nur noch der Fachhandel als Lösung, um das betroffene System freizuschalten. Es gibt jedoch bereits Tuning-Lösungen, die das System umgehen können, indem sie eine falsche Geschwindigkeit vortäuschen. Das eigentliche Problem liegt in der praktischen Umsetzung: Da E-Bikes keiner regelmäßigen, verpflichtenden Überprüfung ähnlich der Hauptuntersuchung für Autos unterliegen, gestaltet sich die Feststellung und Verhinderung von Tuning ohne Werkstattbesuch äußerst schwierig.
Mehr Sicherheit dank moderner Technologie: Das E-Bike wird noch zuverlässiger
Für das legale Tuning des Antriebs eines Fahrrads stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung. Eine davon besteht darin, Software-Lösungen der Hersteller zu nutzen, um das Drehmoment des Motors an den Einsatzzweck anzupassen. Wenn man beispielsweise auf einer sportlichen Runde unterwegs ist und steile Anstiege bewältigen möchte, kann eine Erhöhung des Drehmoments sinnvoll sein. Das Fit-System der Biketec GmbH erfordert, dass das Upgrade von Fachhandelspartnern durchgeführt wird. Bei den Fit-kompatiblen Antrieben von Panasonic und Brose kann das Drehmoment von 70 bzw. 75 Newtonmeter auf 90 bzw. 95 Newtonmeter gesteigert werden. Janis Ita, Software-Spezialist bei Biketec, betont, dass sich eine Änderung des Drehmoments nicht auf die maximale Unterstützungsgeschwindigkeit auswirkt. Der Antrieb schaltet weiterhin bei 25 km/h ab.
Das neue System bringt eine erhebliche Verbesserung der Beschleunigung und des Fahrspaßes mit sich. Um jedoch sicherzustellen, dass kein illegales Tuning vorgenommen wird, wurde ein ausgeklügelter Schutzmechanismus implementiert. Durch eine streng kontrollierte Authentifizierung von spezifischen Teilen des E-Bikes sowie des Wartungssystems ist es ausschließlich unseren Partnerlieferanten gestattet, ein Pedelec in ein S-Pedelec umzuwandeln. Endkunden haben keine Zugriffsrechte auf diese spezielle Berechtigung, sodass sie nicht in der Lage sind, mithilfe eines Software-Konfigurators das Tuning vorzunehmen.